Grün gegen Grün

Deutschland schaltet um. In den vergangenen zwei Jahren stieg der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung in Deutschland von 17 auf 25 Prozent. Für die Grünen noch viel zu wenig. Katrin Göring-Eckardt ermahnte Umweltminister Peter Altmaier: „25 Prozent sind 75 Prozent zu wenig!“

Obwohl die Grünen geschlossen hinter der Energiewende stehen, nehmen sie nicht jedes neue Energieprojekt einfach so hin: Sie setzen sich für Mindestabstände bei Windrädern ein, wehren sich gegen Stauseen, die die Natur zu stark beeinträchtigen, und gegen Biogasanlagen in Wasserschutzgebieten. Ob für Biogasanlagen auch Lebensmittel angebaut oder sie nur mit Bioabfällen betrieben werden sollen, darüber wird parteiintern noch debattiert.

In der Gemeinde Hotzenwald in Baden-Württemberg kämpfen Bürgerinitiativen seit Monaten gegen ein geplantes Pumpspeicherkraftwerk. Während der Kreisverband der Grünen in Waldshut gegen das Kraftwerk ist, sprach sich der grüne Landesumweltminister Franz Untersteller dafür aus. Die Energiewende schafft es, Natur- und Landschaftsschützer gegen Klimaschützer aufzubringen und ideologische Grenzen zu verwischen. Kämpft am Ende Grün gegen Grün?

Der energiepolitische Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen, Hans-Josef Fell, winkt ab: „Wir sehen kein Dilemma. Wir haben klare Konzepte, die über Jahre gewachsen sind.“ Im Übrigen sei die Energiewende gesellschaftlicher Konsens. „Die Leute im Widerstand vor Ort sind zwar laut, aber in der Minderheit“, sagt Fell. Er vermutet, dass die Proteste gegen den Ausbau der erneuerbaren Energien orchestriert seien, maßgeblich durch die Lobbyisten der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. „Was glauben sie, wer sonst das ganze Land mit Plakaten zupflastert? Das kostet Millionen.“

Woher soll unsere Energie kommen? Foto: Stefan Franke, jugendfotos.de
Woher soll unsere Energie kommen? Foto: Stefan Franke, jugendfotos.de

Auf der Internetseite warnt die Initiative vor steigenden Strompreisen und staatlich gelenkter Stromerzeugung. Die Schuld gibt der Verband der Umlage für erneuerbare Energien (EEG-Umlage), die jeder Privatverbraucher mit der monatlichen Stromrechnung bezahlen muss. Hans-Josef Fell hat das EEG mitverfasst und gibt zu, dass es mittlerweile einige Fehlentwicklungen aufweist. Diese seien jedoch Schwarz-Gelb zuzuschreiben und „müssen korrigiert werden“.

Solche juristischen Details dürften Windkraftgegner kaum interessieren. Denn mit der Zahl der Windkraftprojekte wächst auch die Zahl der Bürgerinitiativen, die sich gegen Windparks vor ihrer Haustüre und die „Verschandelung“ der Natur wehren. Sie formieren sich auf Webseiten wie windwahn.de oder windkraftgegner.de. Über 80 Bürgerinitiativen aus Deutschland haben sich bereits dem Europäischen Netzwerk gegen Windkraftanlagen (EPAW, www.epaw.org) angeschlossen. Die Sprecherin Jutta Reichardt sagte gegenüber dem Spiegel, sie sei sogar krank geworden wegen der mehr als 120 Windräder, die im Umkreis von wenigen Kilometern um ihr Grundstück im schleswig-holsteinischen Neuendorf-Sachenbande lärmen. Reichardt war früher Mitglied im Naturschutzbund und im BUND, sie unterstützte einst sogar die Grünen und demonstrierte gegen das AKW Brokdorf. Doch jetzt fühlt sie sich enteignet, ihr Grundstück habe durch die Windräder massiv an Wert verloren.

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