Arbeitswelt. Foto: Landwehr.

Atypische Beschäftigung ist unsozial

Etwa jeder vierte in Deutschland Beschäftigte befindet sich in einem atypischen Beschäftigungsverhältnis, ist also befristet oder in Teilzeit beschäftigt. Das bleibt nicht ohne Folgen, denn atypische Beschäftigung ist unsozial.

Atypisches Beschäftigungsverhältnis bieten wenig Spielraum für Chancengleichheit und die sogenannte Verteilungsgerechtigkeit, insbesondere im Vergleich zu den Festangestellten. Verteilungsgerechtigkeit bedeutet, dass alle Menschen die gleiche Chance erhalten sollen, ihre existentiellen Bedürfnisse zu stillen. „Fakt ist jedoch, dass ein von existentieller Not freies Leben für atypisch Beschäftigte in weiter Ferne liegt“, so Stefan Weyand, Autor der Studien„Soziale Nachhaltigkeit und atypische Beschäftigung – ein Widerspruch?“.

So haben die Festangestellten sowohl bei der Verteilung als auch bei der Bezahlung von Arbeit und Leistung deutlich bessere Chancen. Auch finden Themen wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder die soziale Anerkennung kaum Berücksichtigung. Und die Liste geht noch weiter

Mangelhaft: Partizipation an Gesundheitsmaßnahmen, der betrieblichen Mitbestimmung und Weiterbildungsmöglichkeiten

Hinsichtlich der Gesundheit gilt: „Atypisch Beschäftigte haben es eindeutig schwerer als ihre festangestellten Vollzeitkollegen, an Maßnahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements zu partizipieren.“ Ähnlich verhält es sich bei der Förderung beruflicher Qualifikationen und Kompetenzen. Denn die zeitliche, oftmals auch räumliche Einschränkung, die mit einer atypischen Beschäftigung einhergeht, verhindert die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen. Und Alternativen werden vom Arbeitgeber selten angeboten.

Des Weiteren mangelt es atypisch Beschäftigten an einer generellen Partizipation in ihren Unternehmen: „Betrachtet man alle Formen der atypischen Beschäftigung, haftet insbesondere der Leiharbeit ein Partizipationsdefizit an. Das heißt: Die Teilhabe an betrieblichen Mitbestimmungen ist ebenso mangelhaft wie in die Unterstützung durch die Betriebsräte. Nicht zu vergessen, dass Betriebsvereinbarungen der entleihenden Betriebe grundsätzlich nicht für Leiharbeiter gelten“, erklärt Stefan Weyand.

Soziale Nachhaltigkeit und atypische Beschäftigung ist ein Widerspruch

Positiv betrachtet könnte man sagen: Weniger Arbeitslose sind weniger Arbeitslose. Kritisch wird es jedoch, wirft man einen Blick hinter die Kulissen. Weyands Fazit: „Leiharbeit, Mini- und Minijobs, Teilzeitarbeit und zeitbefristete Verträge ermöglichen den Unternehmen zwar die nötige Flexibilität, bieten jedoch im Vergleich zur klassischen Daueranstellung wenig Spielraum für soziale Nachhaltigkeit.“

[spoiler title=“Wandel der Arbeitswelt“ icon=“folder-1″]Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ging der Beschäftigungsaufbau seit der Wiedervereinigung mit einem erheblichen strukturellen Wandel der Arbeitswelt einher: So ist die Zahl atypischer Beschäftigungsverhältnisse – also Teilzeitbeschäftigungen mit bis zu 20 Wochenarbeitsstunden, befristete Beschäftigungen, Zeitarbeit und geringfügige Beschäftigungen (Mini-/Midi-Jobs) – von 1991 bis 2011 um 3,67 Millionen gestiegen (plus 86,3 Prozent). Gleichzeitig ist die Zahl der Normalarbeitsverhältnisse um 3,16 Millionen gesunken (minus 11,8 Prozent). Aktuell befindet sich etwa jeder vierte in Deutschland Beschäftigte in einem atypischen Beschäftigungsverhältnis.Zahl der normalen Arbeitsverhältnisse und atypisch Beschäftigte in %, Entwicklung von 1997 – 2012; Quelle: Statistisches Bundesamt[/spoiler]
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