Beobachtungen aus dem Wahlkampf in Nordrhein– Westfalen

Der Landtagswahlkampf in NRW ist durchaus außergewöhnlich: Nachdem CDU und FDP nach Jahren das strukturell eher linke Land übernommen hatten, stehen sie nun vor der ersten Bewährungsprobe.
Noch vor einem halben Jahr setzte niemand auf Hannelore Kraft als Herausforderin der SPD. Doch heute wittert sie mit Silvia Löhrmann (Grüne) an ihrer Seite Morgenluft. Denn der CDU Ministerpräsident Rüttgers schwächelt und die Bundespolitik spielt ihm auch nicht in die Karten.

Onlinemedien-Präsenz der Spitzenkandidaten Rüttgers/CDU (schwarz), Kraft/SPD (rot), Löhrmann/ Die Grünen (grün), Pinkwart/FDP (gelb) sowie Beuermann und Zimmermann/Die Linke (magenta) im VergleichOnlinemedien-Präsenz der Spitzenkandidaten Rüttgers/CDU (schwarz), Kraft/SPD (rot), Löhrmann/ Die Grünen (grün), Pinkwart/FDP (gelb) sowie Beuermann und Zimmermann/Die Linke (magenta) im Vergleich

Doch wie verhalten sich die Parteien im Wahlkampf, um ihr Ziel, die Regierungsbildung zu erreichen? Hannelore Kraft verhält sich äußerst zurückhaltend, getreu dem Motto „bloß niemanden verschrecken.“ Dies spiegeln auch die Wahlplakate wieder. Schlüsselbegriffe sind hier etwa „Sympathie“, „Freude“ und „Hoffnung“. Jedoch nirgends ein direkter Angriff auf die Regierungsparteien oder den Ministerpräsidenten, der genügend Angriffsfläche bieten würde. Bei allen Stolperern des Jürgen Rüttgers verhielt sich Kraft zurückhaltend und vermied Angriffe auf seine Person. Selbst im TV Duell blieb sie stets sachlich, aber bestimmend. Rüttgers selbst präsentierte sich sehr staatstragend und unantastbar in den TV Runden Vielleicht liegen seine Popularitätswerte auch deshalb mittlerweile hinter denen von Kraft.

Der wendige Rüttgers und seine angeschlagene NRW CDU verlieren immer mehr an Boden. Dies könnte auch an dem merkwürdigen Wahlkampf liegen. Zwar menschelt Rüttgers mit seiner Reihe „Ein Abend mit Jürgen Rüttgers“ genauso wie Hannelore Kraft, jedoch fehlt das „menscheln“ auf den Wahlplakaten. Jürgen Rüttgers wird als Mensch mit Kompetenz verkauft, was nach den letzten Affären nicht glaubwürdig wirkt. Dies gilt genauso wenig wie die Plakate, mit der Aufschrift „Rot-Rot“ verhindern. Dies ist die Koalition, die am unwahrscheinlichsten ist. Während also die SPD aufs Menscheln setzt, setzen die Grünen auf solide Themen. Neben den Klassikern wie „Atomkraft: Nein Danke“, bleiben die Grünen ihrer kreativen Linie treu und erfinden ansprechende Slogans wie zum Beispiel „A, B, CDU und raus bist du“, eine Anspielung auf die Bildungspolitik. Die Grünen präsentieren sich sachlich, bodenständig und steuern einen klaren pragmatischen Kurs irgendwo zwischen SPD und CDU an.

Dies machte Grünen Vorsitzende Löhrmann auch durch ihr Auftreten in der Elefantenrunde am Mittwoch klar „Gemeinschaftsschulen ja, aber nicht gegen die Eltern“, sie verstand es zudem Ministerpräsident Rüttgers in seine Schranken zu weisen was Kraft vermied. Ihr direkt Konkurrent war allerdings nicht Rüttgers sondern Innovationsminister Pinkwart von der FDP. Der in der Elefantenrunde dauerlächelnde FDP-Mann wünscht sich „Aufstieg durch Bildung“, zumindest laut Wahlplakaten. Dies dürfte aber in Zeiten von Studiengebühren genauso zu einem Lachen der Wähler führen wie die CDU Plakate. Pinkwart hatte im TV außer seinem Lächeln kaum Argumente, die für die FDP sprachen. Die Liberalen sind in den Medien auch wenig präsent und verstehen es nicht, aus den Fehlern der CDU Kapital zu schlagen. Bei der Linken hingegen weiß man nicht, wofür sie kämpft. Sie plakatiert weiterhin ihre Slogans wie „Raus aus Afghanistan“, was das mit der Wahl in NRW zu tun hat bleibt fraglich. Der Spitzenkandidat der Linken Wolfgang Zimmermann hatte auf die Frage, wie seine Forderungen nach seinen finanziellen Wohltaten finanziert werden sollten, leider nur Möglichkeiten auf der Bundesebene im Angebot. Ob das die Wähler überzeugt?

Am Ende bleibt die spannende Koalitionsfrage offen. Denn eigentlich schließt keiner etwas wirklich aus. Die Grünen schließen Jamaika aus sowie ein Linksbündnis aus SPD, Grünen und der Linken. Die anderen Parteien sagen lediglich, mit wem sie regieren wollen. Und so ist am Ende doch noch alles offen.

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