Blutzeugenbilder als dschihadistische Erinnerungskultur: Atiyatallah al-Libi, führender Kopf in der al-Qa'ida, getötet durch einen Drohnenangriff 2011. Bild: Screenshot http://www.muslm.org/vb/showthread.php?474217

Die kriegerische Kommunikationsstrategien der Dschihadisten im Internet

Abenteurerromantik, eingängige Musik, paradiesische Verlockungen und Heilsversprechen:  Das ist eine Version der Selbstdarstellung, die radikale islamistische Strömungen im Internet verbreiten. Nicht nur gewalttätige Inhalte zählen. Vielmehr wird auf der ganzen Klaviatur des „Storytelling“ in eigener Sache gespielt. „Viele Videos etwa lehnen sich an die Ästhetik von Computerspielen an“, erzählt Rüdiger Lohlker von der Universität Wien. Der Islamwissenschafter forscht seit Jahren über islamische Internetauftritte. In einem Projekt haben Lohlker und sein Team nun den Fokus auf globale dschihadistische Strömungen und ihre Onlinepräsenzen gelegt. „Wir müssen die Strategien der Dschihadisten verstehen, um Gegenstrategien entwickeln zu können“, betont Lohlker.
Soziale Aspekte

Ein Grund für dieses fehlende Verständnis ist darin zu sehen, dass sich die Dschihadismusforschung vorwiegend auf den Sicherheitsbereich konzentriert. Betrachtet man die aktuellen Entwicklungen, die von einer dschihadistischen Online-Subkultur zusehends in einen Online-Propagandakrieg münden, greift das sicherlich zu kurz. Konkret analysierten die Forscher drei Ebenen: die religiöse, die rhetorische und die visuelle. So untersuchten Rüdiger Lohlker und sein Team vorwiegend arabischsprachige Internetplattformen. Diese seien noch immer die zentralen Internetpräsenzen, erklärt der Forscher: „Das Arabische ist die Schwelle, um im dschihadistischen Milieu anerkannt zu werden.“

Profesionelle PR-Werkzeuge

Blutzeugenbilder als dschihadistische Erinnerungskultur: Atiyatallah al-Libi, führender Kopf in der al-Qa'ida, getötet durch einen Drohnenangriff 2011. Bild: Screenshot http://www.muslm.org/vb/showthread.php?474217In vorwiegend qualitativen Untersuchungen wurden unter anderen Internetforen und eine Vielzahl an Videos untersucht. Die Werkzeuge der dschihadistischen KommunikationsstrategInnen ähneln immer mehr professionellen PR-Werkzeugen der Privatwirtschaft, so könnte man das Ergebnis zusammenfassen. Corporate Design und Corporate Wording kommen zum Einsatz. – Das heißt, wiederkehrende und leicht identifizierbare visuelle Symbole werden abgestimmt auf religiös begründete sprachliche Argumentationsmuster. Allgemeine islamische Diskurse werden dabei in dschihadistische umgedeutet und als Legitimation der radikalen Aktivitäten genützt. „Auch die Verteilungsstrategien von Materialien sind sehr gut, vergleichbar mit der Gaming-Industrie“, berichtet Lohlker. Und schließlich spielt auch die Kontaktanbahnung eine zentrale Rolle im Internet. Die Forscher konnten aufzeigen, wie mittels einer Art Loyalitätseid potenzielle Mitstreiter eingeschworen werden.

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