Foto: Nathalie Rüther, jugendfotos.de
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Der Kampf der Anderen

Steffen Richter lsst sich nicht einschchtern. Der Heilerziehungspfleger aus dem schsischen Pirna engagiert sich seit Jahren gegen Rechtsextremismus und wird deshalb immer wieder angefeindet. Mein Auto wurde angezndet und das Haus meiner Mutter beschmiert, erzhlt der 33-Jhrige. Damit die Neonazis nicht die Oberhand gewinnen, hat Richter mit Freunden vor elf Jahren das Alternative Kultur- und Bildungszentrum (AKuBiZ) gegrndet. Der Verein veranstaltet Aufklrungs-Abende ber Rassismus, untersttzt Asylsuchende und klrt ber die jdische Geschichte der Region auf. Wir mssen Rechtsextremismus offen thematisieren, gerade jetzt ist das wichtig.

Fast genau ein Jahr ist es her, dass die Morde des Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) bekannt geworden sind. Die drei Neonazis Uwe Bhnhart, Uwe Mundlos und Beate Zschpe sollen innerhalb von zehn Jahren neun Menschen mit Migrationshintergrund und eine Polizistin ermordet haben. Seitdem bemht sich die Bundesregierung um ein entschlossenes Vorgehen gegen Rechts mit migem Erfolg. Zwar hat Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) eine zentrale Datei ber Neonazis initiiert, aber die ihm unterstellten Sicherheitsbehrden sorgen nahezu ausschlielich fr Negativschlagzeilen. Zu lange habe etwa der Verfassungsschutz Rechtsextremismus unterschtzt, zu schleppend laufe die Aufklrungsarbeit, so die Reaktionen der ffentlichkeit. Tatschlich gibt es bis heute kaum Erkenntnisse darber, wie der NSU so lange unentdeckt morden konnte.

In der Kritik steht aber auch das CDU-gefhrte Bundesfamilienministerium, das seit mehreren Jahren Programme gegen Rechtsextremismus finanziell untersttzt. Seit 2010 stehen zudem Projekte gegen Linksextremismus und Islamismus auf der Frderliste der zustndigen Ministerin Kristina Schrder. Sie vertritt die wissenschaftliche Theorie, nach der alle nicht-demokratischen Erscheinungen gleichermaen zu bekmpfen sind ein umstrittener Ansatz. Man kann nicht alles in einen Topf werfen, sagt die Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, Annette Kahane. Die gemeinntzige Stiftung setzt sich fr Projekte zur Strkung der Zivilgesellschaft ein und kooperiert unter anderem mit der Zeit. Allen Parteien und besonders der CDU fehle es an der Bereitschaft, Rechtsextremismus als Gefahr fr Demokratie wahrzunehmen und das Engagement dagegen angemessen zu untersttzen, bemngelt Kahane. Das Familienministerium weist diese Vorwrfe entschieden zurck. Fr die Arbeit gegen Rechtsextremismus stehen gegenwrtig ber 24 Millionen Euro zur Verfgung, so eine Sprecherin des Ministeriums. Die Mittel gegen Rechts seien damit fnfmal so hoch wie die zur Prvention anderer Extremismus-Formen. Von einer Gleichbehandlung kann keine Rede sein.

Allerdings: Um etwas von dem Geld zu erhalten, mssen Initiativen seit 2011 ein schriftliches Bekenntnis zur Demokratie abgeben. Die sogenannte Extremismusklausel sorgt bei den Verantwortlichen der Vereine fr groe Emprung. Das ist doch ein Unding, sagt Steffen Richter. Wir arbeiten seit zehn Jahren als Demokratie-Initiative in einer gefhrlichen Region, wir zeigen unser Gesicht und jetzt sollen wir beweisen, dass wir demokratisch sind. Um sich dagegen zu wehren, hat Richter vor dem Verwaltungsgericht Dresden geklagt. Mit Erfolg: Die Vorgaben seien zu unkonkret formuliert, urteilte das Gericht im April 2012 und verdonnerte das Familienministerium dazu, die Klausel zu berarbeiten.

Das zeigt, wie verkrustet das Verhltnis zwischen zivilgesellschaftlichen Initiativen und dem eigentlich dafr zustndigen Bundesministerium ist. Das besttigt auch der Politikwissenschaftler Roland Roth, der die Wirkung von Bundesprogrammen gegen Rechtsextremismus untersucht hat. Es gibt da tiefe Grben, sagt Roth, der den staatlichen Institutionen eine schleichende Aberkennung zivilgesellschaftlicher Arbeit gegen Rechtsextremismus bescheinigt. Dahinter steht ein wachsendes Misstrauen gegenber den Vereinen.

Zumindest finanzielle Anerkennung bekommen mittlerweile auch Steffen Richter und das AKuBiZ. Mehr als 10.000 Euro haben die Aktivisten in den vergangenen zwei Jahren fr ihre Arbeit erhalten. Allerdings nicht von der Regierung, sondern von der Europischen Union und von privaten Spendern.

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