Angela Merkel trägt gerne Hosenanzüge – und die in allen erdenklichen Farben. Im Kostüm sieht man sie nie, im Kleid höchstens bei Filmfestspielen oder in der Oper. Die promovierte Physikerin ist schlicht. Nicht schlichtweg unweiblich, aber schlicht. Von modischem Schnick-Schnack hält die Kanzlerin nicht viel. So auch in der Politik. In unerschütterlicher Manier führt die 58-Jährige ihr Land durch Wirtschaftskrisen, versucht die Europäische Union zu retten und dabei auch noch wiedergewählt zu werden. Doch wie sieht es mit ihr und den Frauen eigentlich aus?
Im Vorfeld des CDU-Bundesparteitages wurde viel diskutiert. Auch in den eigenen Reihen, insbesondere der Frauenunion (FU). Hauptstreitpunkte: Frauenquote und Mütterrenten. Für diese Themen hatte Angela Merkel nicht viel mehr als ein klares Nein übrig. Aufsichtsratsposten in börsennotierten Dax-Unternehmen gezwungenermaßen mit Frauen besetzen? Das lehnt sie ab. Müttern mit mehreren Kindern, die vor 1992 geboren wurden, zusätzliche Entgelte ermöglichen? Kein Geld. Um auf dem Parteitag keinen größeren Eklat zu riskieren, schlug der CDU-Vorstand einen Kompromiss vor, den die FU akzeptierte. So soll die Anerkennung der Kindererziehungszeiten „verbessert“ werden. Und das „schrittweise“.
Dabei hatte die FU-Bundesvorsitzende Maria Böhmer angekündigt, sich nicht mit weniger zufrieden geben zu wollen, als mit einem Gesetzesentwurf, der eine schrittweise Angleichung der Erziehungszeiten bei Müttern mit mehreren Kindern einleitet. Das scheint vergessen – um des Friedens Willen.
Beate Born, Vizepräsidentin des Katholischen Deutschen Frauenbundes, reicht das Beschlossene nicht, auch wenn es immer mal wieder einige Schritte in die richtige Richtung gebe: „Es ist immer ein Taktieren und Lancieren, dass man allen gerecht wird. Und die Frauen bleiben dabei oftmals auf der Strecke.“
Frauenpolitik muss hinten anstehen
Auch im Hinblick auf eine gesetzliche Frauenquote, wie sie von der EU-Kommission Mitte November beschlossen wurde, scheint alles auf eine „Flexi-Quote“ hinauszulaufen. Unternehmen müssen sich dann selbst eine individuelle Frauenquote geben, diese veröffentlichen und einhalten – sonst drohen Sanktionen.
Sieben Jahre lang ist Angela Merkel nun schon an der Spitze Deutschlands. Hat sie frauenpolitisch wirklich enttäuscht? Zeugt ihre Zurückhaltung von mangelndem Interesse und Herzblut an den Forderungen ihrer Geschlechtsgenossinnen
Auch bei anderen Themen gibt es Probleme. Das umstrittene Betreuungsgeld wurde vielfach als „Herdprämie“ verschrien, der Kita-Ausbau stockt. Bis zum 1. August 2013 fehlen laut Angaben des statistischen Bundesamtes noch 220.000 Kita-Plätze.
Doch es gibt auch andere Stimmen. Merkels ehemalige Staatsministerin Hildegard Müller hat Verständnis für die Prioritätensetzung der Kanzlerin. „Ich persönlich sehe kein Leck bei innenpolitischen Themen“, sagt sie. „Dass andere Dinge momentan im Vordergrund stehen ist doch völlig plausibel.“ Wäre die Wirtschafts- und Finanzkrise in den vergangenen Jahren nicht derart dominant gewesen, hätte sich die Kanzlerin auch den Frauenthemen vermehrt angenommen, glaubt sie. Zu große Dominanz der Wirtschaftskrise also, zu wichtige Entscheidungen wie die Zukunft Europas, die anstehen.
Da ist Angela Merkel ganz pragmatisch. Vielleicht denkt sich die laut Forbes mächtigste Frau der Welt auch, dass es nicht nötig ist, künstlich eine Gleichstellung zu schaffen. Sie will keine Quoten erzwingen, sie selbst lebt die Quote gewissermaßen vor. Noch nie war die Führungsriege der CDU so weiblich. Und das ohne feste Quote. Man solle nicht alles immer so negativ darstellen, findet die stellvertretende Bundesvorsitzende der Jungen Union, Astrid Wallmann. „Die Tatsache, dass es völlig selbstverständlich ist, eine Frau als Bundeskanzlerin zu haben, die beliebt und respektiert ist, ist doch schon eine große Errungenschaft.“ Das hat Angela Merkel ohne Zweifel geschafft.