„Wenn eine Währungsunion ohne politische Absicherung nicht funktionieren kann, dann stellt sich die Frage, warum man es dann trotzdem gemacht hat“, fragt der Wirtschaftswissenschaftler Joachim Starbatty. Für ihn sei es erstaunlich, dass Politiker, die wussten, wie riskant ein gemeinsamer Währungsraum ist, diesen Weg trotzdem gegangen seien. Und mit dieser Frage brachte Starbatty, der als Vorstandsvorsitzender der Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft auch Gastgeber der Diskussionsrunde war, die Diskutanten mitten in das Thema. Dabei stimmte ihm auch Jürgen Stark, ehemaliges Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank, zu: „Wir sind mit zu vielen Ländern gestartet.“ Allerdings seien die Fakten damals nicht transparent gewesen. „Im schlimmsten Fall hat man die Statistiken einfach gefälscht“, so der Vorwurf des Volkswirts.
„Es wird immer so getan, als sei die Währungsunion damals ein rein politisches Projekt gewesen“, gibt Wilhelm Kohler, Lehrstuhlinhaber für Internationale Wirtschafts-beziehungen, zu bedenken. Doch dies stimme so nicht, auch ökonomisch habe die Währungsunion Sinn gemacht. Interessant sei es, das der Maastricht-Vertag Defizite habe, wie beispielsweise die mangelnde Beachtung der Risiken und der mangelnde Umgang mit systemischen Risiken.
Regeln wurden nicht beachtet
„Ich glaube nicht, dass wir Konvergenz in einem Währungssystem brauchen“, meint Claudia Buch, Inhaberin eines Lehrstuhls für Wirtschaftstheorie und Mitglied des Sachverständigenrats. Einzelne Länder hätten sich nicht an die Regeln gehalten, auch über die Finanzmärkte habe man die falschen Regeln für die Verschuldung des privaten Sektors gesetzt. Das die Regeln, die 1992 im Maastricht-Vertrag vereinbart worden seien, nie voll zur Anwendung gekommen sind, dass sie sogar politisch unterlaufen worden seien, kritisiert auch Jürgen Stark. Bis heute sei es fraglich, ob die Regeln, die man damals missachtet habe, jetzt ernsthafter wahrgenommen werden.
Für Martin Nettesheim, Europarechtler und Prozessbevollmächtigte der Bundesregierung bei der Verfassungsbeschwerde gegen den Europäischen Stabilitätsmechanismus „ESM“, geht es darum, wie man die „Erziehungsfehler“ beim Euro beseitigen könne. Man werde sich fragen müssen, in wie weit unser Lebensmodell auch in Zukunft gepflegt werden könne, sagt er mit Blick auf viele Milliarden Schulden und Pensionslasten.
Kein Staat haftet für anderen Staat
Im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) gibt es die„No-Bail Out Klausel“. Diese besagt, dass kein Staat für die Verbindlichkeiten eines anderen Staates haften muss. Der Streit drehe sich nun um die Frage, ob freiwillige Hilfen eine gesetzliche Verpflichtung seien, so der Jurist Martin Nettesheim. Wenn die Situation der Krise nicht geregelt ist, könne man jetzt nicht sagen, dass dies ein Rechtsbruch sei, argumentiert er.
Implizit habe man dies geregelt, entgegnete ihm Jürgen Stark. Ein Land müsse in solch einem Fall aus der Währungsunion ausscheiden. „Es ist explizit nicht vorgesehen, das man Austrittsrechte hat“, so Nettesheim. Und so ist man in der Diskussion schnell bei dem konkreten Fall Griechenland: Griechenland, so der Banker Jürgen Stark, sei bereits ein Fass ohne Boden. Egal wie man sich entscheide, es werde eine sehr, sehr teure Lösung werden. Oder wie es Joachim Starbatty gewohnt direkt formuliert: „Man kann es sich abschminken, dass die Griechen irgendwas zurückzahlen.“