Horst Köhler
Horst Köhler. Foto: Landwehr.

Horst Köhler: Das Ende nationaler Interessen

Der ehemalige Bundespräsident spricht jetzt nur noch als Bürger, wie er betonte. „Die internationale Politik braucht den Geist der Partnerschaft“, ist seine aktuelle Kernaussage. Doch wie genau sollte dieses Modell aussehen?

Der technologische Wandel vernetzt die Armen dieser Welt besser als je zuvor, so Horst Köhler. „Der technologische Wandel macht die gellenden Kontraste für alle sichtbar.“ So etwa wenn in Bangladesh Fabriken einstürzen oder Flüchtlinge an den EU-Grenzen Tod aus dem Meer gefischt werden. Alles laufe auf die Fragen hinaus: Aus welcher Substanz soll sich das Wachstum nähren. Die Welt ist, im Habermasschen Sinne, zu einer „unfreiwilligen Risikogemeinschaft“ geworden.

7,1 Milliarden Menschen auf der Welt

Es gibt nicht nur immer mehr Menschen, sondern auch immer Ältere Menschen auf der Welt. „Diese Entwicklung ist Ausdruck einer sozialen Dynamik.“ Neben diesem „Wohlstandsschub“ gibt es auch eine andere Entwicklung: „Heute leben eine Milliarde Menschen in absoluter Armut.“

Wie gehe man mit dieser Situation um? Es gebe eine Weg, zu einer besseren Welt für alle, so Köhler. Mit 26 Persönlichkeiten aus der Welt hat er im Rahmen des vom UN-Generalsekretär eingesetzten High Level Panel eine Post-2015-Entwicklungsagenda erarbeitet. Nach monatelangen Beratungen stand im Mai der Bericht über die Entwicklungsagenda. „Eine Politik des buisness as usal reicht nicht, sondern es braucht eine tiefgreifende Transformation.“ Daher sei auch eine universelle Agenda erarbeitet worden. Zu den Inhalten gehört, die Attitüde, dass der Norden alles weiß und den Süden belehrt werde, vorbei sei. Bis 2030 soll die extreme Armut nicht mehr vorhanden sein, Nachhaltigkeit („Unseren Kindern eine Welt hinterlassen, die die selben Freiheitsgrade bietet, wie wir sie haben.“) muss in allen Bereichen gelten. Die Volkswirtschaften müssen zum inkluiven Wachstum gebracht werden, es brauche rechtstreue Regierungen und Verwaltung.

„Wir müssen eine neue globale Partnerschaft schmieden.“

Neues Leitmotiv für die internationale Politik

Für die Umsetzung brauche man einen neuen Geist der Solidarität und der gegenseitgen Rechenschaft. Diese golbale Partnerschaft beruhe auf zwei Prinzipien: Global denken, lokal handeln. Und zweitens: Mulitlaterale Lösungen für viele Probleme, die nur international lösbar seien. Dies sei kein naiver Realismus, denn anders lassen sich die Probleme gar nicht lösen.

Machtpolitische Muskelspiele, nationale Souveränität, werde immer mehr zur Illusion, angesichts von Klimawandel, Finanzkrisen oder Welthandel. Die Erosion dieser Souveränität ist die Folge des moralischen Drucks, dort,wo sie zum Deckmantel von Völkermorden verkommt. Die Staaten wären Verpflichtet, ihre Soveränität so ausüben, das sie andere Staaten nicht negativ beeinflussen. Die schwierigste Frage sei dabei die nach der Legitimität von politischen Entscheidungen. „Wir müssen das Völkerrecht ernst nehmen. “ Entscheidungsprozesse transparenter machen und mehr Menschen einbeziehen.

Nationales Interesse

„In der vernetzen Welt gibt es immer seltener ein nationales Interesse, das es lohnt, gegen andere auszuspielen.“ So bestehen auch die Konfliktlinien nicht mehr National, sondern zwischen „uns und unseren Enkeln“, also zwischen kurz- und langfristigen Interessen.

Konflikte seien eine Grundkonstante von Politik, dies könne man nicht wegreden. „Nicht die Existenz von Konfklikten ist das Problem, sondern der Umgang damit.“ So müsse man offener damit umgehen, wer die Gewinner und wer die Verlier von Entscheidungen sind. Der politische Einfallsreichtum könne Lösungen finden, wenn man damit offener umgeht. (Globales Gemeinwohl)

Dazu gehöre eine kollektive Empathie auf der Grundlage eines gemeinsamen Wertkompass (Weltethos). „Grade die neuen Medien können uns diesem Bewusstsein näher bringen.“ (Globale Wertebasis)

Die wichtigste Ressource in der internationalen Politik sei Vertrauen. „Mir schient das diese Bedeutung massiv unterschätzt wird.“ Die erste Variante, strategisches Vertrauen, entstehe dann, wenn es ein Eigeninteresse gibt. Die andere Variante, generalisiertes Vertrauen, kommt zustande, wenn man an einem grundsätzlichen Interesse von einem guten Miteinander ausgeht. Diese langfristiges Vertrauen brauche man für die Lösung globaler Probleme.

Institutionen geben den Rahmen dafür. „Die Vereinen Nationen sind der einzige Ort der Welt, wo Wolf und Lamm beisammen weiden.“ Dafür müsse man die eigenen Reformvorschläge umsetzen. Und die Vereinen Nationen könnte die Augen für die gemeinsamen Interessen öffnen. Die globale Partnerschaft sei ein Anspruch an die Staaten und Regierungen, aber dieser müsse von unten wachsen. Dabei gehe es beipielsweise nicht um stupiden Verzicht, sondern um anderen Konsum. Darum, Gewohnheiten zu überprüfen und Empathie, für das Fremde zu schulen. „Ich glaube fest daran, das die langfristig Vernunft siegt“, so der ehemalige Bundespräsident.

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