Das illustrierte Grundgesetz

 

Der Philosoph Peter Sloterdijk leitet die Ausgabe ein und schreibt: „Souverän ist, wer den Normalzustand gewährleistet« – mit dieser These hat der Künstler Bazon Brock das Diktum des Verfassungsjuristen Carl Schmitt zurechtgerückt, der in seiner Schrift »Politische Theologie« von 1922 die politische Souveränität beim Träger der Entscheidung über den Ausnahmezustand hatte lokalisieren wollen. Souverän wäre – nach der Korrektur der einseitigen dezisionistischen Akzentsetzung – folglich, wer die Bedingungen der Möglichkeit von politischer und sozialer Normalität bereitstellt. Aus dieser Sicht war der mit der Erarbeitung einer deutschen Verfassung beauftragte Parlamentarische Rat ein glaubwürdiger Souverän, als er, obschon noch unter Aufsicht und Anleitung der drei westlichen Siegermächte, beschloß, die Eröffnungsfeier zu seinen Tätigkeiten am 1. September 1948 im Vestibül des naturkundlichen Museums Alexander Koenig zu Bonn abzuhalten.

Die Wahl dieses Orts für den Auftakt zum wichtigsten Konvent der Normalitätsermöglichung in der jüngeren Geschichte der Deutschen geschah wohl primär unter pragmatischen Auspizien – die Stadt Bonn besaß damals keine anderen repräsentativen Räume –, doch nicht ganz ohne Sinn für den genius loci.

Schon einmal hatte das Gebäude als ein Ort zur Behandlung von Kriegsfolgen gedient – es war, kurz nach seiner Fertigstellung, im Jahr 1914 vom deutschen Staat beschlagnahmt worden und fungierte bis zum Ende des Ersten Weltkriegs als Lazarett. Zu den symbolischen Merkwürdigkeiten der feierlichen Zusammenkunft zählt die Tatsache, daß der folgenschwere verfassunggebende Prozeß in Gegenwart einer präparierten Giraffe eröffnet wurde, deren Entfernung aus der Halle sich als unmöglich erwiesen hatte – weswegen man diese stumme Vertreterin der animalischen Welt für die Dauer des Festakts mit Tüchern verhängte.“

[spoiler title=“Hintergrund: Das Grundgesetz“ open=“0″ style=“1″]Das Grundgesetz […], die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, beschlossen vom Parlamentarischen Rat am 8. 5. 1949, in Kraft getreten mit Ablauf des 23. 5. 1949. […] Das Grundgesetz stellt die rechtliche und politische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland dar. Es war als Provisorium gedacht bis zur Schaffung einer gesamtdeutschen Verfassung (Art. 146) und hat sich trotz dieses provisorischen Charakters auch nach der Wiedervereinigung 1990 als Verfassung bewährt.

Abschnitte

Präambel Darstellung der Prinzipien des Gesetzes: Verantwortung vor Gott und den
Menschen, staatliche Einheit, Bekenntnis zu Europa, Recht der
Selbstbestimmung in Einheit und Freiheit für ganz Deutschland
Abschnitt I Grundrechtskatalog
Abschnitt II Regelung des Verhältnisses von Bund und Ländern
Abschnitt III Bundestag
Abschnitt IV Bundesrat
Abschnitt IVa Gemeinsamer Ausschuss
Abschnitt V Bundespräsident
Abschnitt VI Bundesregierung
Abschnitt VII Gesetzgebung des Bundes
Abschnitt VIII Ausführung der Gesetze und Bundesverwaltung
Abschnitt IX Rechtsprechung
Abschnitt X Finanzwesen
Abschnitt Xa Verteidigungsfall
Abschnitt XI Übergangs- und Schlussbestimmungen [/spoiler] [spoiler title=“Hintergrund: Der Künstler“ open=“0″ style=“1″]Markus Lüpertz wird als Vertreter  der „Neuen Wilden“ dem Neoexpressionismus zugeordnet. Diese Kunstrichtung fasst in der Geschichte der neueren Kunst mehrere Stilrichtungen der gegenständlichen Malerei zusammen. Gemeinsam sind ihnen das Aufgreifen einzelner Stilelemente des Expressionismus (wie ein emotionaler Ausdruck und starke Farbkontraste) sowie eine antibürgerliche Haltung.

Lüpertz drückt in seiner Kunst häufig ideologiekritische Anliegen aus und greift politische Bezüge und kunstgeschichtliche Anspielungen auf. Meist arbeitet er großformatig und verwendet dabei eine betont expressive, gegenstandsbezogene Malweise. Er bevorzugt die Farben Grün, Braun und Ocker und gibt seinen Figuren schwarze Konturen. Lüpertz kombiniert Fiktives und Reales sowie unterschiedlichste Elemente und Formen miteinander. So sind seine Bilder oft symbolträchtig und nutzen eine neue Symbolsprache, wie z.B. Schnecke für Tod oder Fisch für Hunger.

Neben der Malerei schafft Lüpertz auch gegenständliche Darstellungen wie Plastiken oder Skulpturen. Er ist
ebenfalls schriftstellerisch tätig und widmet sich als Pianist dem Free Jazz. [/spoiler]

Das Grundgesetz Mit Illustrationen von Markus Lüpertz, 208 Seiten mit 19 Illustrationen des Künstlers, erläutert von Prof. Dr. Siegfried Gohr, Verlag Bertelsmann Chronik, Preis: EUR 14,99 €

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