Die Studie zeigt eindeutig, dass sich die Polen für die Gegenwart und Zukunft, eher als die Vergangenheit, als Mittelpunkt der deutsch-polnischen Beziehungen aussprechen. Diese Meinung wird von drei Viertel der Befragten geteilt, unabhängig vom Alter.
„Die Polen sind müde von der ständigen Rückkehr zur Geschichte, aber geteilt in ihrem Urteil, ob Diskussionen über die Vergangenheit eher zu Versöhnung oder zur Erinnerung an die alten Wunden führen“ – schreibt Dr. Agnieszka Łada aus dem Insitut für Öffentliche Angelegenheiten in ihrem Bericht.
Die Studienergebnisse kommentierend, erinnerte Dr. Jacek Kucharczk, Präsident des ISP, daran, dass in den vorherigen „Barometer-Studien“ die deutsche Europapolitik positiv von den Polen bewertet wurde. Die neusten Ergebnisse bestätigen diesen Trend.
Die aktuelle Studie zeigt deutlich, dass die Polen Deutschland als einen Partner betrachten, mit dem Polen in vielen Bereichen zusammenarbeiten sollte. Den größten Kooperationsbedarf sehen die Polen im Bereich der Bekämpfung der Wirtschaftskrise und des Terrorismus. Fast genauso wichtig ist den Befragten die Förderung von schwächer entwickelten Regionen, sowie eine Stärkung der technologischen Entwicklung der europäischen Wirtschaft.
„Die Polen sind sich dessen bewusst, dass es ohne Berlins Hilfe schwierig wird, Ziele durchzusetzen, die für die polnische internationale Politik wichtig sind. Zu diesen zählen unter anderem die Stärkung der EU-Position auf internationaler Ebene oder die Unterstützung der Demokratisierung in der Ukraine und in Belarus. Polen zeigten in der Studie, dass sie die deutsch-polnische Demokratiehilfe für diese Region unterstützen und glauben, dass eine solche Kooperation möglich ist“ – kommentiert Dr. Łada ihre Studie.
Auch wenn viele Polen lieber nicht zurückblicken möchten, kam das Thema der Geschichte in der Studie auf. Die Umfrageteilnehmer wurden gefragt, wie sie die Möglichkeit einer Entstehung eines gemeinsamen deutsch-polnischen Geschichtsbuch beurteilen.
„Bei dieser Frage sind die Polen uneinig: fast die Hälfte der Befragten ist der Meinung, dass dies möglich ist und nicht viel weniger halten es für unmöglich“ – ergibt sich aus dem Berichtsinhalt. Dies zeugt von der Unsicherheit der polnischen Gesellschaft, ob ein solches Projekt machbar ist. Die Geschichte teilt nach wie vor beide Gesellschaften“ – heißt es weiter.
Der Bericht des ISP entstand auf der Basis einer Untersuchung einer repräsentativen Gruppe von eintausend Polen, die älterals vierzehn Jahre sind. Durchgeführt wurde die Studie zwischen dem 13. und 17. Januar 2011.
[spoiler title=“Forschungsergebnisse – ausgewählte Beispiele:“]- Polen sind eindeutig dafür, die Gegenwarts- und Zukunftsfragen zum Mittelpunkt der deutsch-polnischen Beziehungen zu machen (73%). Ein Fünftel glaubt, man sollte sich eher auf der Geschichte konzentrieren (20%).
- Polen sehen einen Kooperationsbedarf mit Deutschland in vielen Bereichen:
- Kampf gegen den Terrorismus – 77%
- Bekämpfung der Wirtschaftskrise – 77%
- Förderung von schwächer entwickelten Regionen – 75%
- Stärkung der technologischen Entwicklung in der europäischen Wirtschaft – 75%
- Stärkung der EU-Position auf internationaler Ebene – 73%
- Unterstützung der energetischen Unabhängigkeit der Europäischen Union – 71%
- Unterstützung der europäischen Landwirtschaft – 71 %
- Bekämpfung des Klimawandels – 71%
- Ausbau der Zusammenarbeit zwischen Polen, Deutschland und Frankreich im Rahmen des Weimarer Dreiecks – 65%
- Ausbau der Zusammenarbeit Polens und Deutschlands mit den USA im Rahmen der NATO – 61%
- Unterstützung der Demokratisierung und des marktorientierten Wandels in anderen Ländern Osteuropas – 61%
- Unterstützung der Demokratisierung und des marktorientierten Wandels in Russland – 52%
- Die Hälfte der Polen meint, eine gemeinsame Politik von Deutschland und Polen gegenüber der Ukraine und Belarus sei möglich (49%). Über ein Drittel glaubt, dass die unterschiedlichen Interessen und Standpunkte von Polen und Deutschland in dieser Region zu groß sind (36%).
- Polen sind uneinig in ihrer Beurteilung, ob Debatten über die Vergangenheit eher zu Versöhnung oder zu Erinnerung an die alten Wunden führen (46%)
- Beinahe die Hälfte der Polen halten die Erstellung eines deutsch-polnischen Geschichtslehrbuchs, das die Geschichte beider Länder objektiv darstellen würde, für möglich (46%). Kaum weniger meinen, es sei unmöglich (41%).
- Die Hälfte der Befragten würde das Lernen der polnischen Kinder aus einem deutsch-polnischen Lehrbuch befürworten (51%). Ein Drittel wäre dagegen (32%).
- Bei der Bewertung der deutschen Maßnahmen bezüglich der Errichtung einer Gedenkstätte über die Aussiedlungen, meint die Hälfte der Polen, die dahinter stehende Intention ist die Betonung des eigenen Leids (56%). Ein Viertel ist der Meinung, es handele sich dabei um eine vollständige Darstellung der deutschen Geschichte (28%).[/spoiler]