Das Auto als Statussymbol hat ausgedient. Foto: Landwehr.

Elektroantrieb nur nachrangiger Trend

Der Trendforscher Sven Gbor Jnszky, prognostiziert 2020 als Einstieg in die Welt autonomer Automobile.

Dass wir in weniger als zehn Jahren bereits in selbstfahrenden Autos unterwegs sein werden, beschreiben Sie bereits in Ihren Bchern 2020 und 2025. Wie werden diese Fahrzeuge aussehen?

Sven Gbor Jnszky: Die Digitalisierung ist fr uns Autofahrer und fr die Hersteller der wichtigste Trend in der Automobilbranche, weit wichtiger als Elektro- und Hybridantriebe. Im Jahr 2020 ffnen und schlieen sich Autotren selbststndig und der Motor startet auf Sprachkommando. Auch im Design zieht die Digitalisierung ein. Anstelle des heutigen Dekors aus Plastik, Leder oder Holz sind dann leuchtende Materialien, die das Auto je nach Situation in verschiedenen Farben und Stilen unterschiedlich aussehen lassen. Doch die wichtigste Innovation ist das autonome Fahren: Der Wagen wird in der Lage sein vllig selbststndig zu fahren. Das bedeutet, dass der Fahrer sein Fahrziel eingibt und dann die Kontrolle vollstndig der Elektronik berlsst. In der Zwischenzeit kann er Filme schauen, Email beantworten oder sich sogar mit seinem Sitz umdrehen, um mit den Kindern auf der Rckbank zu spielen.

Aber wir werden doch sicher nicht von heute auf morgen berall autonome Autos nutzen. Welche Entwicklungsschritte wird es bis zu einer umfassenden Verbreitung geben?

Richtig! Wie bei den meisten Technologien kommen auch selbstfahrende Autos zunchst im Premiumsegment in die Mrkte. Doch die Hersteller wissen sehr gut, dass das groe Geld nur im Massensegment zu machen ist. Deshalb werden wir Schritt fr Schritt die dafr ntige Sensorik auch in Mittelklassewagen sehen. Rein technologisch erwarten wir die Einfhrung in zwei Schritten: Etwa im Jahr 2020 werden wir selbstfahrende Autos in grerer Anzahl bereits auf Autobahnen haben. Dort sind die Verkehrssituationen weniger komplex. Man fhrt also per Hand auf die Autobahn, ordnet sich in die Kolonne ein und drckt den Autopilot-Knopf. In Stdten hingegen mit komplexen und schnell wechselnden Verkehrssituationen wird zunchst der Mensch weiter fahren. Er wird allerdings durch das Auto kontrolliert. Das heit: Das Auto erkennt menschliche Emotionen und ab 2020 auch menschliche Gedanken. Das Lenkrad reagiert also langsamer, wenn der Fahrer aufgebracht ist und die Bremse beginnt bereits zu leicht anzubremsen, wenn der Fahrer nur an Bremsen denkt. Nach 2020 wird es nach unseren Prognosen wohl noch weitere fnf Jahre dauern, bis das autonome Fahren auch fr Stdte zugelassen wird.

Fr viele Menschen in Deutschland ist das Auto ein wichtiges Statussymbol. Gerade die Freude am Fahren bewegt Kunden dazu, sich bestimmte Modelle zu kaufen. Denken Sie, dass die Mehrheit der Bevlkerung wirklich selbstfahrende Autos haben mchte?

Die Rolle des Statussymbols, die sie beschreiben, hatte das Auto einmal. Schon heute ist sie bei Menschen unter 40 Jahren kaum noch verbreitet. Wir gehen in eine Welt, in der die Menschen ihre Autos vor allem dafr benutzen, um mglichst flexibel von A nach B zu kommen, ohne viel Zeit zu vergeuden. Gerade die Autonomie des Autos wird es ermglichen, dass auch die Fahrtzeit nicht vergeudet wird, sondern sinnvoll fr Arbeit, Entspannung oder das Spielen mit den Kids genutzt werden kann. Aber Sie haben Recht: Recht selten aber doch ab und an haben wir Menschen das Bedrfnis und in ein Fahrzeug setzen, nur um das Fahren selbst zu genieen. Deshalb wird mit den Autos des Jahres 2020 beides mglich sein. Die Autos lassen sich umschalten. Wenn ich Lust habe, selbst zu fahren, schalte ich einfach den Autopiloten aus. Wenn ich mich dann wieder in der Kolonne treiben lassen will, schalte ich ihn wieder an.

Aktuelle Umfragen zeigen, dass deutsche Autofahrer dem autonomen Fahren aufgeschlossen gegenberstehen. Allerdings wollen sie im Notfall schnell wieder die Steuerung bernehmen knnen. So ganz scheinen die Menschen den selbstfahrenden Autos also nicht zu vertrauen!

Dieses Phnomen sehen wir Trendforscher bei jeder technologischen Innovation: Egal ob es die Einfhrung der Eisenbahn, des Autos, des Fernsehers oder des Handys war die Menschen empfinden sie als faszinierend und bedrohlich zugleich. Auch was dann folgt ist immer das gleiche: Die Menschen probieren die Technologie, passen ihre Lebensweise an und gewhnen sich daran. Und einige Jahre spter fragen sie sich, wie ein Leben ohne diese Technologie berhaupt mglich war. Auf die autonomen Autos bezogen: Vermutlich treffen sie in kritischen Situationen sogar wesentlich bessere Entscheidungen als Menschen. Deshalb wird das Vertrauen der Menschen in die Technik schnell wachsen. Eine hnliche Entwicklung haben wir brigens im Flugverkehr bereits hinter uns. Flugzeuge sind seit vielen Jahren mit Autopiloten ausgestattet.

Daimler testet seine Mercedes S-Klasse heute schon auf ffentlichen Straen. Wieso dauert es Ihrer Meinung nach trotzdem noch bis 2020, bis autonomes Fahren massentauglich ist?

Dafr gibt es drei Grnde. Zum Ersten machen die groen Automobilhersteller derzeit noch Rekordumstze mit Exporten nach Asien. Davon wird die Flaute im europischen Geschft mehr als wettgemacht. Solange in Asien noch das groe Geld zu verdienen ist, ist der Leidensdruck fr die Hersteller nicht gro genug, um wirklich schnell in neue Technologien zu investieren. Erst wenn der asiatische Markt gesttigt ist, werden sich die groen Konzerne fragen, womit sie den europischen Markt beleben knnen. Dann kommen selbstfahrende Autos ins Spiel. Zum Zweiten muss die Sensorik fr eine Massenproduktion noch preisgnstiger werden. Das heit, die ntige Technologie besitzen wir heute zwar bereits, knnen sie aber noch nicht in dem bentigten Mae einsetzen. Und zum Dritten haben wir ein juristisches Problem. Wer ist schuld, wenn doch ein Unfall passiert? Der Fahrer, der Hersteller oder der Zulieferer der Software? Diese Frage wird berall in unserem Leben auftreten, wo intelligente Gerte selbstndige Entscheidungen treffen. Auf diese Frage gibt es aber in unserem Rechtssystem noch keine ausreichende Antwort. Das ist das Hauptproblem! Ich bin aber optimistisch, dass dies in den kommenden Jahren gelst wird, denn wir brauchen eine verlssliche Antwort darauf nicht nur beim Autofahren, sondern in den meisten Situationen unseres Lebens.

Eine letzte Frage: Unabhngig vom einzelnen Autofahrer welche generellen Auswirkungen wird das autonome Fahren auf Wirtschaft und Gesellschaft haben?

Es klingt vielleicht paradox, aber wir werden schneller sein, obwohl wir langsamer fahren. Das bedeutet: Die Hchstgeschwindigkeit wird vermutlich sinken, aber die Durchschnittsgeschwindigkeit wird steigen. Da die Autos aufeinander abgestimmt gleichmig in Kolonnen fahren, wird es seltener zu Staus kommen. Wir werden also effektiv schneller am Ziel sein. Durch das automatisierte Fahren werden auerdem deutlich weniger Unflle passieren. Das wird sich natrlich auf die Prmien fr die KFZ-Versicherung auswirken: Die Versicherungsprmien werden sinken, wenn das Auto selbst fhrt. Wer sein Auto aber manuell steuern will, der wird hhere Prmien zahlen, da hier die Unfallgefahr hher ist. Unsere Versicherungen werden also adaptiv: Der gleiche Vertrag ist in der einen Situation teuer, in der anderen gnstig. Die Elektronik im Auto rechnet unser Risiko sekundengenau aus und meldet es an den Versicherer.

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