Bürgerbeschwerde gegen den Dauer-Fonds zur „Euro-Rettung“

Freilich hätte das Gericht längst die Verhandlung über die Verfassungsbeschwerden terminieren müssen, um uns Bürger gegen die gigantischen finanziellen Belastungen und die weitere Entdemokratisierung durch die vertragsbrüchige und verfassungswidrige  Eurorettungspolitik zu schützen. Nicht zu Unrecht fürchtet die politische Klasse, dass sie nach einem Urteil zur Europolitik das Volk über die weitere Integration der Union wird entscheiden lassen müssen. Nach dem Lissabon-Urteil ist ein Volksentscheid gemäß Art. 146 GG unausweichlich, wenn Deutschland als ein bloßer Gliedstaat in einem europäischen Zentralstaat aufgehen soll. Wir werden erneut gezwungen, Recht und Vernunft mit einer Verfassungsklage zu verteidigen.

Mit ca. 250 Mrd. Euro zusätzlichen Mitteln  soll der permanente „Europäische Stabilisierungsmechanismus“ (EMS) dotiert und am Leben erhalten werden. Diese neue und in den EU-Verträgen nicht vorgesehene Einrichtung dient nicht der Stabilität unserer Währung. Sie ist in Wahrheit eine Schadensübernahme zu Gunsten der Schwachwährungsländer, die sich durch ihre Misswirtschaft  in ihre heutige Zwangslage gebracht haben,  und entlastet die Finanzinstitute und Geldgeber, die ihnen das überhaupt erst möglich gemacht haben. Mit dem Wort „Stabilisierung“ werden die Tatsachen verdreht. Die geplanten Stützungsmaßnahmen sind in ihrem Kern und ihren Folgen hochinflatorisch. Sie stopfen Löcher in bankrotten Staatshaushalten, überbrücken unhaltbare Leistungsbilanzdefizite und entheben die Schuldnerstaaten des Zwanges, sofort und kompromisslos der Misswirtschaft ein Ende zu machen.

Es entbehrt jeder Begründung, wenn amtlicherseits behauptet wird, der Austritt aus dem Euro-Verbund sei nicht möglich oder gar Deutschland habe vom Euro am meisten profitiert. Die Währungsunion kennt Länder, in denen der Euro eingeführt ist, und Länder, welche die Voraussetzungen dafür noch nicht erreicht haben. Ein Wechsel von der einen in die andere Gruppe ist nach der Rechtslage in beiden Richtungen möglich. Ein Übertritt überschuldeter Euroländer (wie Griechenland, Irland, Portugal, Spanien u.a.) in das Euro-Vorzimmer des sog. Wechselkursmechanismus (WKM II) würde einerseits den Euro-Verbund entlasten (und EFSF und ESM hinfällig machen) und andererseits in den Schuldenländern die Voraussetzung dafür schaffen, sich durch „Selbsthilfe“ zu sanieren und wieder wettbewerbsfähig zu werden.

Dass dies keine Illusion ist, zeigt die Reaktion der  Ländergruppe des WKM II auf die gegenwärtige Krise. Sie konnten sich durch ein Maßnahmenbündel aus Wechselkurs- und Zinsanpassung einerseits, inneren Sparprogrammen und äußeren Hilfen (IWF- und EU-Hilfen sowie Gläubiger-Moratorien) aus der Gefahrenzone herauswinden. Eine Euro-Zone mit wenigen, aber währungsstabilen Mitgliedern bräuchte nicht nur keine Stützungsmechanismen, sie wäre hochattraktiv für den Beitritt anderer und stabiler Partner aus anderen Regionen der EU (wie z.B. Skandinavien). Allein eine solche Politik entspräche auch der Rechtslage.

Deutschland hat durch den Währungsverbund und die inflatorischen Schein-Renditen in den heutigen Problemländern der Euro-Zone das Kapital verloren, das ihm seit einem Jahrzehnt zur reibungslosen Finanzierung seiner Inlandsaufgaben  fehlt. Unsere  Exportüberschüsse – als Pendant zu den Kapitalexporten – beruhen nicht auf der Attraktivität der Euro-Zone, sondern in erster Linie auf Erfolgen am Weltmarkt. Sie sind das kombinierte Ergebnis von Produktivitätszuwächsen und Kostendisziplin; sie sind nicht Ursache der Leistungsbilanzdefizite der Euro-Partnerländer. Wie gut es Deutschland ohne den Euro gegangen wäre, kann am Wohlstand und der Zukunftsfähigkeit von Nicht-Euroländern wie der Schweiz, Dänemark und Schweden abgelesen werden.

Unser Fazit lautet: Es gibt für die Einrichtung von EFSF und dem geplanten ESM weder eine Vertrags- oder Verfassungsgrundlage noch eine ökonomische Begründung. Im Gegenteil: Die jetzt für die Schließung der Staatshaushalts- und Leistungsbilanz-Lücken hochverschuldeter und anhaltend defizitärer Euroländer versprochenen Transfer-Milliarden (sie nähern sich der Billionen-Grenze) sind weder am Kapitalmarkt ohne gravierende Störungen (Zinsauftrieb) aufzubringen noch in den Staatshaushalten der Geberländer unterzubringen. Sie drohen deren bereits (zu) hohe Staatschulden weiter eskalieren zu lassen. Die mit Mühe zustande gebrachte deutsche. „Schuldenbremse“ wie auch unsere hart erarbeitete internationale Kreditwürdigkeit würden ein leichtes Opfer dieser unverantwortlichen Politik.

Am meisten verwundert es, dass dieser Raubbau am Kapitalmarkt und an den Fundamenten unseres Sozialstaates – mit der Überforderung des deutschen Steuerzahlers – weder die deutsche Wirtschaft noch die Gewerkschaften auf die Barrikaden bringt. Uns allen gehen diese abgeschöpften Mittel verloren – sei es bei der Finanzierung von Investitionen, sei es als Nachfrage an den Gütermärkten. Letztlich bezahlen immer die Realwirtschaft und die Bürger die Zeche derartiger Währungs- und Finanzabenteuer.

Wir fordern das Bundesverfassungsgericht auf, unseren Prozess nicht weiter zu verzögern und den Vertrag und die Verfassung zur Geltung zu bringen.

Es ist eine bittere, aber immer wieder verschwiegene Erkenntnis, dass bisher noch in keinem Land der Eurozone staatliche Schulden an die Gläubiger zurückgezahlt worden sind, d. h. in absoluten Größen verringert wurden. Und nun sollen wir Bürger glauben, dass mit den gerade vereinbarten Stützungsmaßnahmen zu Lasten der öffentlichen Hände Deutschlands ein Wunder geschieht und das Geld irgendwann zurückfließt? So werden wir Bürger, vor allem aber unsere Kinder und Kindeskinder um den erarbeiten Wohlstand von Generationen fleißiger und sparsamer Bürger gebracht!

Der Marsch zu noch mehr Zentralismus, noch mehr Bürokratie in Brüssel, noch mehr Verlust an demokratischer Legitimität der europäischen Politik, noch mehr Verlust an Vertrauen in unsere Währung und in die Redlichkeit, Interessenwahrung und Vertrauenswürdigkeit unserer Institutionen und Politiker muss gestoppt werden. Wir haben früher, als es noch Zeit war, die Weichen anders zu stellen versucht und  vor dem deprimierenden und zerstörerischen Abenteuer „Währungsunion“ gewarnt. Nun kann von niemandem mehr bestritten werden, dass nicht nur die Euro-Zone, sondern die Europäische Union insgesamt am Abgrund angelangt ist.

Wiederum warnen wir eindringlich davor, die Lage zu vernebeln und den Bürgern  weismachen zu wollen, dass eine europäische Koordinierung der Wirtschaftspolitik gelingen kann. Sie wird an den objektiven Schwierigkeiten genauso scheitern, wie die bisherige Politik an den unüberbrückbaren Unterschieden der Nationalökonomien der Eurozone gescheitert ist.

Den Bürgern werden Maßnahmen aufgezwungen, die das Ziel, dieses einst stolze Europa zu einer in der Welt führenden Zone an Stabilität und Fortschritt zu machen, verfehlen werden. Die existentiellen Defizite der Europäischen Währungsordnung können auch nicht behoben werden, indem die EU die Weltgemeinschaft des Internationalen Währungsfonds und die Weltmacht China zur Rettung hinzuzieht – eine wahrlich katastrophale Aussicht.

 

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