Die ideale Talkshow dauert 60 Minuten, hat vier Gäste und die Themen werden von den Zuschauern durch Feedback aus sozialen Netzwerken beeinflusst. Das ist das Ergebnis der Studie „Die Talk Republik“ von Studenten der Universität Koblenz-Landau.
Im Deutschen Fernsehen wird gefühlt stündlich getalked. Kein Abend, an dem nicht in einem Programm eine Runde von Politikern, Wirtschafts-Vertretern, sogenannten Experten oder Betroffenen, garniert mit TV-Prominenten zusammenkommt, um die aktuelle Lage Deutschlands und der Welt zu verhandeln.
Einfache Rollenbilder
Inszenierte Unterhaltung im Rahmen zugewiesener Meinungs-Rollen verdrngt dabei meist die argumentativ unterlegte Analyse. Das ist ein Ergebnis welches Studierende der Universitt Landau bei der Analyse von Talkshows unter dem Blickwinkel der Politikvermittlung ermittelt haben. Sie kommen in ihren Analysen, die sich auf das gesamte Talk-Angebot beziehen, zu ähnlichen Ergebnissen wie der ARD-Programmbeirat in seiner internen Untersuchung von Mitte 2012: zuviel Gleichförmigkeit bei Köpfen und Konzepten, zuwenig Tiefe bei der Präsentation der Argumente, zuviel Meinungsabfrage und zu wenig echter Gedankenaustausch kurz: zuviel Show und zu wenig Substanz.
Eine überschaubare Zahl von Gästen wechselt sich in regelämßigen Abstanden ab, der Faktor Gesichtsbekanntheit und kalkulierte Positions-Rolle hat eine zentrale Bedeutung bei der Besetzung der Positionen. Die Themen und Inhalte der Sendungen sind allzu oft reaktiv, reflektieren erwartbare Gedanken, die in das bewährte Muster passen.
So kommen die Studierenden zu der Bewertung, dass eine ideale Talkshow die grte Chance besitzt, einen Beitrag zur politischen Willensbildung zu leisten, wenn sie eigene Erkenntnisse der Zuschauer durch die Prsentation vielfltiger Argumente zu den Sachthemen ermglicht und frdert. Der Zuschauer soll nicht nur durch die emotionale Besttigung seines bisherigen Standpunktes bei Laune gehalten werden.
Journalistisch genaue Arbeit
Wenn Themen journalistisch sauber aufbereitet werden, kommen neue Blickwinkel in eine Diskussion. Recherchierte Fragen und klare Schwerpunkte bieten die Chance für überraschende Sichtweisen. Die Themen einer Talkshow müssten nicht zwangslufig die lautesten auf der politischen Agenda sein, um Beachtung zu finden. Die Redaktionen der Talkshows mssten mutiger werden, eigene Themen-Akzente setzen und unverbrauchte Kpfe prsentieren und so ber den Tellerrand des mainstreams der Politikberichterstattung hinausblicken, so die Studierenden. Dabei gilt: Information und Unterhaltung schlieen sich nicht aus, beide Pole knnen sich ergnzen.
Betreut wurde die Untersuchung von Thomas Leif, der selbst mit 2 + Leif eine Talkshow moderiert. Jetzt wre es eigentlich ein leichtes, die gewonnen Kenntnisse auch in der Praxis umzusetzen. Mit der Analyse der Programm prgenden Talk-Shows werden berprfbare Bewertungskriterien jenseits der Quote vorgelegt, die eine differenzierte und sachliche Diskussion ber das derzeit umstrittenste Format des deutschen Fernsehens ermglichen, sagte Thomas Leif zum Sinn des Projekts. Außerdem wird mit dem Focus der Analysen auf das Politikvermittlungs-Potential von Talk-Shows eine Brcke zwischen Theorie und Praxis geschlagen.