Elefantenrunde ohne Dickhäuter – Die Analyse

Wahl 05: Die Favoriten / Spitzenpolitiker im „Kreuzverhör“ in der ARD aus rhetorischer Sicht

Der Begriff „Elefantenrunde“ geht auf die Regierungszeit Helmut Kohls zurück. Im Studio sitzen keine Dickhäuter sondern politische Schwergewichte. Die Spitzenpolitikern der im Bundestag vertretenen Parteien stellten sich den Fragen der Moderatoren und auch Kanzler Schröder und seine Herausforderin Angela Merkel trafen so eine Woche nach dem Rededuell erneut aufeinander.
Neben Schröder und Merkel stritten auch Außenminister Joschka Fischer (Bündnis90/Die Grünen), der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU), der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle und der Spitzenkandidat von Die Linke.PDS, Gregor Gysi bei dieser letzten großen TV-Politikerrunde um die Gunst der Wähler.

Gerhard Schröder

Der Kanzler präsentierte sich als der Medienmensch. Er lässt Charme spielen und ist wesentlich Angriffslustiger als beim Rededuell. Auch sein Sprechstil ist kämpferisch: „Ich werde, ich will, ich kann“. Thematisch geht er direkt das Thema Kirchhof an. Er führt die Diskussion sehr dominant, lenkt Sie dahin wo er hin möchte und lässt sich auch von den Moderatoren nicht unterbrechen.
Schröder versucht über Witze Sympathien zu bekommen. Dies ist in der ernsten Lage aber wenig angemessen und wird von seinen Mitstreitern kritisiert. Auch seine Schuldzuweisungen waren zu heftig und sprachen einer Stammtisch-Rhetorik, für einen Bundeskanzler wenig angemessen.
Geschickt lenkt er die Diskussion darauf, „dass nun wieder ein Kanzler, wie im Wahlkampf 2002, zu früh gefeiert wird.“
Wie im Rededuell ist Schröders Blick und Mimik sehr starr, fast verbissen. Seine Gesten sind sehr kontrolliert und sie wirken einstudiert. Der rechte Arm des Kanzlers kommt zur Unterstützung seiner Gedanken zum Einsatz, was sehr einseitig wirkt.
Gerhard Schröder spricht häufig sehr schnell und teilweise undeutlich! Seine Stimmlage ist aber angenehm. Wenn er laut spricht, klingt seine Stimme gepresst und angestrengt.


Angela Merkel

Ähnlich wie beim Rededuell wirkt Angela Merkel selbstbewusst und mit einer hohen Begeisterungsfähigkeit. Sie geht in die Offensive – ihr Blick geht oft in die Richtung von Herrn Schröder-, sie ist schlagfertig und gut vorbereitet. Dadurch wirkt sie erneut sehr kompetent. Deutlich wird dies am Thema Kirchhof. Sie kontert sachlich und mit guten Beispielen in einer bildhaften Sprache. Sie nutzt wie beim ersten Duell kurze und klare Sätze die im Gedächtnis bleiben.
Sie geht der direkten Auseinadersetzung mit dem Kanzler nicht aus dem Weg. Mit der Aussage „Herr Schröder, sie wollten es besser machen“ – stellt sie die Agenda 2010 in Frage und widerlegt gut die „Arbeitsplätze-Schönrechnung“ mit einem „Wir sagen, es soll es weitergehen wird!“
Ihr Charme ist ein deutlicher Vorteil. Dadurch wirkt sie diplomatisch, natürlich und überlegt.
Ihre Schultern sind lockerer, was Ihre Offensive zeigt. Merkel ist aber auch standfest und selbstsicher im Körper. Ihr Gesamteindruck mit einem offenen Gesichtsausdruck, freundlich lächelnd, ist optimistisch und zuversichtlich.
Sie gestaltete die Diskussion durch gezielt steuernde Fragen mit. Ihre Artikulation könnte variantenreicher sein.


Edmund Stoiber

Stoiber erinnert mit seinem Auftritt stark an seine Auftritte als Kanzlerkandidat vor drei Jahren.
Er ist sehr sachlich und bodenständig, kann aber die Menschen nicht begeistern. Seine Aussagen gingen teilweise unter.
Er präsentiert sich kantig und kräftig, auch körpersprachlich spiegelt er Bayern wieder. Seine markanten Gesichtzüge wirken authentisch, jedoch sehr finster. Der konzentrierte Blick baut eine hohe Distanz auf.
Sein größtes Problem: in Deutschland leben nicht nur Bayern! Der Dialekt ist teilweise immer noch sehr schwer zu verstehen. Da Stoiber zu schnell und zu undeutlich spricht wird der Effekt noch verstärkt.

Guido Westerwelle

Der Liberale zeigt, dass er eine Debattierkultur auf hohem Niveau beherrscht. Lebendigkeit gepaart mit Verständnis und dynamischer Sprache hilft ihm, sich gut in Szene zu setzten.
Er wirkt sehr lebendig und souverän. Seine Körperhaltung und seine Gesten unterstützten seine Argumentation.
Guido Westerwelle wirkt sehr kontrolliert. Er ist ausgeglichen, freundlich und zielorientiert.
Die Formulierungen die er wählt sind positiv. Westerwelle spricht sehr verständlich, Pausen und Betonungen unterstreichen diesen Eindruck.

Gregor Gysi

Gregor Gysi ist ein Politiker der sehr wortgewandt und mit einer durchdachten Gesprächsstrategie auftritt. Es gelingt ihm mit guter Dialektik Gegenargumente zu entkräften und zugleich zu anderen Themen überzuleiten.
In seiner Argumentation setzt er Statistiken und Vergleiche ein, er ist show- und diskussionsfreudig. Die Körpersprache ist flexibel, zeigt stellenweise aber auch Unsicherheit. Mit seiner rechten Hand deutet er stark auf einen Punkt hin.
Gregor Gysi spricht stellenweise zu schnell, Pausen und Betonung setzt er ein.

Joschka Fischer

Joschka Fischer ist der Politiker dem man die Strapazen des Wahlkampfs am stärksten anmerkt. Nicht nur argumentativ präsentiert er sich unterdurchschnittlich, auch seine Körpersprache ist wenig ausdrucksstark.
Fischers stimme wirkt, vom Wahlkampf gezeichnet, gequält und kratzbürstig. Es spricht sehr monoton und teilweise auch undeutlich. Insgesamt wirkt Fischer sehr lustlos und gequält.

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