„Sandy“ streift Santiago de Cuba

In dem im Osten der Zuckerinsel liegenden Santiago de Cuba, meiner Heimat, gab es eine Woche nach dem Durchzug des Hurrikans „Sandy“ immer noch weder Strom noch Wasser. Der Nachlass von „Sandy“ besteht aus 11 Toten und unzähligen zerstörten Wohnungen, Pflanzungen und fast ganz gestörten Kommunikationsnetzen. Die Schätzungen der Regierung belaufen sich, laut dem offiziellen Amtsblatt Granma, auf rund 130.000 betroffene Wohnungen, davon sind rund 15.400 total und gut 36.500 teilweise eingestürzt.

Die am meisten betroffenen Bezirke der Stadt sind Palma Soriano, Songo-La Maya, Mella, II Frente und die Provinz von Guantánamo, wo die Landschaft verheerend aussieht. Allerdings hat sich die Bevölkerung sofort zusammen aufgemacht, übrig Gebliebenes auf den Feldern zu suchen und die Bauern retten, was zu retten ist.

Die schrecklichste Nacht des Lebens

Berta Seguera, eine 82-jährige Rentnerin bestätigt, dass die „Hurrikan-Nacht“ die schrecklichste ihres Lebens darstellte. Fünf nicht enden wollende Stunden der Angst und dem Gefühl, der Sturm fege das Haus weg und sowohl Fenster wie Türen würden dem Druck nicht standhalten.

Die Greisin lebt in einem Haus aus dem Jahr 1945, im Residenzviertel von Vista Alegre in Santiago de Cuba und wurde vom Hurrikan lediglich gestreift. Doch blieben weder Innenhof noch Garten übrig. Es ist kaum zu glauben, aber die Bäume wurden wie mit einer Säge zerkleinert und von einem Mangobaum blieben nur einige Zweiglein, die wie abrasiert aussehen und die anliegende Straße ist in eine vollkommene Wüste zermahlen. Mit immer noch bebender Stimme erwähnt die Betagte: „Es verbleibt ein so ungeheuerlich, höchst deprimierender Anblick, dass ich vor lauter Seelenschmerz fortwährend weinen muss, denn die Auswirkung der Zertrümmerung in dieser Horrornacht drückt mich noch immer total zu Boden.

In Berta Segueras Quartier konnte die Stromversorgung während einer Woche nicht wieder hergestellt werden. Hingegen funktionierten die Gasbelieferung und die Telefonverbindungen. Die Lebensmittelreserven gingen nach und nach zur Neige, doch in den Läden wurden wenigstens die Basisprodukte, zum Teil zu reduzierten Preisen angeboten.

Leyani Chacón (37) in Palma Soriano erinnert mit tränenerstickter Stimme daran, wie ihre Nachbarin vom einstürzenden Haus erdrückt wurde. Elsa Esperanza Bernal (72) ist eines der gemeldeten 11 Opfer von „Sandy“.„Ich erinnere mich“, erzählt Chacón per Handy von ihrem Arbeitsort, der Poliklinik aus, „wie wir zuerst den Baum, dann ihr Haus stürzen hörten, während Elsa schlief. Ihr Enkel Daniel wollte ihr zu Hilfe eilen, konnte aber nicht, da ihm dabei ein Block auf den Rücken fiel und ihn an der Wirbelsäule verletzte.“ Jenes Quartier zählt zu den meist betroffenen Gebieten Santiagos. Die Zone ist verwüstet, dazu fehlen Strom und Telefonverbindungen. Indessen wird sie durch Lastwagen mit Wasser und Brennstoff (Kerosin und Alkohol) zu Kochzwecken versorgt.

„Das alles war noch nie dagewesen, und von einer Wucht ohnegleichen erfüllt hinterließ Sandy die zertrümmerte Stadt ohne Dächer. Die Parkanlagen wurden vorerst mit hochgestapelten Bäumen vollgestopft, dann flach gewalzt“, beschreibt es der im Zentrum wohnende Arzt Enrique Berdión (45) im Telefongespräch mit AP (Associated Press). Eine Woche danach war die gewohnte Bedienung mit Wasser, Strom und Gas noch nicht wiederhergestellt. Hingegen garantierten Notstromgruppen die Versorgung von prioritären Verbrauchern wie Spitäler, Bäckereien und Nahrungs-Produktionsstätten.

Auch hat das öffentliche Sanitätspersonal ein wachsames Auge, um Ausbrüche von möglichen Epidemien zu verhindern.
Inzwischen sind Spenden aus Venezuela, Russland, Panamá und vielen weiteren Ländern eingetroffen. Und offensichtlich hat der Staatspräsident, Raúl Castro Ruz, praktisch sämtliche betroffenen Bezirke und deren Hauptstädte besucht, informiert und Maßnahmen verordnet, um die Gesundheit der Bevölkerung, die Elektrizitätsversorgung sowie die Instandsetzung und den Wiederaufbau der betroffenen Wohnungen zu garantieren. Zeit und viel Geduld wird nötig sein, bis die Wunden und Opfer, wenn überhaupt möglich, verheilt und in etwa vergessen sein werden.

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