Foto: Joel Alvarez/ jugendfotos.de
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Gegengewicht zu Organisation Amerikanischer Staaten

Zusammen mit den Staatschefs der Region beschloss der Venezuelanische Präsident Hugo Chávez im Februar 2011 die Gründung der Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten (CELAC) als Gegengewicht zur Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), in der auch Kanada und die USA vertreten sind.

Am 2. und 3. Dezember 2010 wurde die Organisation offiziell gegründet. Der kubanische Generalstabschefs Raúl Castro Ruz,  Präsident des Ministerrates von Kuba, nahm an der Gründungsversammlung der CELAC teil. Marco Antonio Martinez Cabrerizo dokumentiert den Redebeitrag des kubanischen Abgeordneten Raul Castro bei dem Staatengipfel.

„Kamerad Hugo Chávez Frias, Präsident der Bolivarischen Republik von Venezuela;

Sehr verehrte Präsidenten, Premierminister und Delegationsleiter!

Wir begrüßen aufs Erste das Brudervolk Venezuelas und die Bolivarische Revolution. Venezuela empfängt uns heute gastfreundlich und stolz, im festlichen Begehen des 200. Jahrestages seiner Unabhängigkeit und bietet uns, den Vertretern aller lateinamerikanischen und karibischen Regierungen, diese Versammlungsmöglichkeit.

Wir genießen das Privileg einem Gründungsakt weitgreifenden Charakters beizuwohnen. Mit den Entscheidungen, die wir hier fällen und den gemeinsamen Erarbeitungen während der 3 letzten Jahre werden uns mehr als 2 Jahrhunderte Kampf und Hoffnungen rückvergütet. Dieser Fortschritt kostete uns viel Mühe, Blut und Opfer.

Die ehemaligen Kolonialmetropolen und die heutigen imperialistischen Mächte standen diesen Bemühungen feindlich gegenüber. Sie versuchten dem Ideal Simón Bolívars zu trotzen. Ihm, der mit visionärer Voraussicht den Satz prägte: „Die Einheit unserer Völker ist nicht lediglich ein Hirngespinst, sondern eine unausweichliche Bestimmung des Schicksals!“

Die CELAC ist unser Hauptwerk. Emblematisch untermauert es das Konzept einer geeinten, souveränen Region mit gemeinsamer Zukunft und Bestimmung.

Strategisch ausgedrückt, funktioniert es als das gewünschte politische Werkzeug, um Willensäußerungen zu einigen, Verschiedenheiten zu respektieren, Unterschiede auszugleichen, zugunsten unserer Völker zusammenzuarbeiten und solidarisch einander zu helfen. Der Erfolg wird vom Charakter und der Weisheit der 33 Mitgliedstaaten abhängen, als die wir zwischen Rio Bravo und Patagonien leben.

 

Einheit mit Souveränität gewährleistet die Entwicklung und Integrität unserer Stärke. Von ihr hängt der Wohlstand in Gerechtigkeit der Bewohner dieses weiten und reichen Gebietes ab. Wir besitzen kein völlig einheitliches Ideal, wir stimmen auch nicht politisch ganz überein. Das sind Tatsachen, mit und an denen wir in einem Klima der Achtung zusammenarbeiten müssen.

Wir leben in einer Zone ohne Nuklearwaffen. Dies ist ein Privileg, das nur wenige Gebiete der Welt genießen dürfen. Damit fällt uns eine grundsätzliche Beteiligung der Menschen zur Ausmerzung dieser weltweiten Bedrohung für ihr Überleben dar. Wir müssen auch danach trachten, uns bald als Zone ohne fremde Militärbasen erklären zu können. Dies mag als Bildung eines Bestandteils unserer zukünftigen regionalen Identität gelten.

Das gemeinsame Erbe unserer Erden und Meere stellt außerordentliches Naturgut dar, welches in unterstützungswürdiger Form, bewusst angewandter Verantwortung und Solidarität den kommenden Generationen eine Grundlage zu Wohlstand und Gerechtigkeit bietet. Wir rechnen mit einer verschiedenartigen und ineinandergreifenden Kultur, mit überlieferten Werten der einheimischen Vorfahren. Denn wir verfügen über ein hochkarätiges, technisches und wissenschaftliches Potential, das nur ungenügend ausgeschöpft wird. Den Beweis dazu liefern Lateinamerika und die Karibik mit über 20 Millionen km² Oberfläche und mehr als 580 Millionen Einwohnern, wo die Entwicklung aber trotz beachtlicher Zuwachsraten nur langsam vorwärts kommt und die Hindernisse, die sich der Entwicklung entgegenstellen, nur mühsam überwunden werden.

Warum? Wir leben in dem Erdteil der größten Diskrepanzen der Reichtumsverteilung. Zugegeben, wir haben die Auswirkungen der weltweiten Wirtschaftskrise so gut wie nur möglich gemeistert, hingegen bleibt der tief klaffende Graben zwischen der Reichtumskonzentration in wenigen Händen gegenüber der gewaltigen Armut der Mehrheiten. Der Wohlstand unserer Region hängt aber von der Lösung dieses Problems ab. Im Moment haben wir 180 Millionen arme Lateinamerikaner und Karibikbewohner und davon leben 72 Millionen in äußerster Armut. Das ist eine Tragödie ohne Lösung, selbst wenn wir alle die Entwicklungsziele des Jahrtausends der UNO erfüllen würden!

Auch 81 Millionen unserer Kinder sind davon betroffen, 13 Millionen sind sehr wahrscheinlich nicht richtig ernährt, obwohl sie in einer Region leben, die mehr als das Notwendige produziert. Sie stellen die Gläubiger der Zukunft dar, wir sind ihre Schuldner. Die jüngste Entwicklung der Wirtschaft in Lateinamerika und der Karibik zeigt dagegen, dass trotz der globalen Krise die Einkünfte aus Exporten zugenommen haben, hauptsächlich auf dem Gebiet der Grundnahrungsmittel; die Spesen der Auslandsschulden, wenn auch erdrückend und ungerecht, waren geringer und die Reservenbildung hat auch zugenommen. Dieses Szenario ist positiv, fordert von uns indessen verantwortungsvolles und solidarisches Handeln.

In diesem Sinne müssen wir auch die Lage in Haiti ins Auge fassen, es ist eine Herausforderung für uns alle. Lateinamerika und die Karibik tragen historische und ethische Verantwortung dieser Schwesterrepublik gegenüber. Sie hat sich als erste vom Kolonialjoch unabhängig gemacht in unserem Erdteil. Dort spielte sich die erste, siegreiche Sklavenrevolution der Menschheitsgeschichte ab. Haiti fordert und verdient unser Bemühen um substantiellere Beiträge an seinen Wiederaufbau und seine Entwicklung durch verstärkte Zuwendung an seine Regierung und die Bedürfnisse der Bevölkerung. 

Was uns Kubaner betrifft, so haben wir es bereits am Gipfeltreffen von Cancún im Februar 2010 ausgedrückt und ratifizieren es heute: „Die Zusammenarbeit Kubas und seine bescheidenen Bemühungen werden solange wie es die haitianische Regierung für nötig hält andauern. Unser Land ist eisenhart blockiert, verfügt über keine Hilfsmittel, es fehlt ihm selber an allem, doch sind wir bereit, unsere Armut mit noch Ärmeren zu teilen, vorab mit den Bedürftigen unseres Kontinentes. Ich erinnere mich an einen Besuch in Ecuador, anlässlich einer jener unzähligen internationalen Sitzungen, an denen wir übereinkamen, gleichzeitig die „Capilla del Hombre“ zu besuchen. Die Kapelle wurde vom großartigen, kontinentalen Maler Osvaldo Guayasamín gegründet. Dort sah ich einen Sinnspruch – nicht von ihm, wie mir sein ältester Sohn erklärte – der sich an einer Wand dieses sehr wichtigen Kulturzentrums der Geschichte befand. Der Sinnspruch besagt: *Als Kind weinte ich, weil ich keine Schuhe besaß, bis ich eines Tages ein Kind ohne Füße antraf“. Dies zeigt uns doch, wie schwierig der Zustand in einem Land auch sein mag, wie umfassend und groß unsere eigene Armut ist, es gibt irgendwo einen noch Ärmeren; überall gibt es ein Kind ohne Füße, das keine Schuhe braucht.

Werte Kollegen: Wir haben bisher unser Versprechen gehalten, uns entschieden gegen den Versuch der Destabilisierung der Verfassungsordnung unserer Länder zu wehren.

Dies hier ist keine Zufallsversammlung, sondern eine echte Antwort auf den Staatsstreich gegen Venezuela von 2002 und den Ansturm auf die Petrolinstallationen, den Aufstand in Santa Cruz in Bolivien, den versuchten Militärputsch in Honduras, den Staatsstreichversuch in Ecuador, aber auch auf die ständigen Destabilisierungsaktionen gegen legale Regierungen und deren Verpflichtungen für soziale Gerechtigkeit ihrer Völker sowie für deren souveräne, echte Demokratie zu sorgen.

Wir kennen die Art und Weise sowie die Motivationen der Urheber solcher Angriffe gegen Souveränität und verfassungsmäßige Rechte der Völker. Wir wissen ebenfalls, dass solche die Unterstützung der USA und einiger europäischer Staaten genießen. Auch Privat-, Industrie-, Medien-  und Werbekreise gehören zu ihrer Komplizenschaft.

Ich erinnere an eine Zusammenkunft in Managua, der Hauptstadt von Nicaragua, im Zusammenhang mit kürzlich in Zentralamerika stattgefundenen  ähnlichen Ereignissen, wo ich die Aufmerksamkeit auf Folgendes lenkte: „Welcher Zufall, all diese Störmanöver sind ausschließlich gegen Länder der ALBA (Bolivarische Allianz   lateinamerikanischer Staaten) gerichtet!“ Dabei wandte ich mich zum Präsidenten Correa (Ecuador), der zu meiner Linken stand: „Du wirst der Nächste sein!“ Er sah mich überrascht an, wie um zu sagen: „Warum denn?“ Er selbst und Ihr alle wisst es genau!

Es ist der gewohnte,  bekannte Kleinkrieg aus kleinkarierten Oligarcheninteressen mit der Unterstützung des internationalen Kapitals gegen die legitimen Rechte der Völker.  Es wäre jedoch ein schwerer Fehler, zu missachten, dass Lateinamerika und die Karibik sich verändert haben und man sie nicht mehr wie in der Vergangenheit behandeln darf!

Den Ballast des Kolonialismus und des Neukolonialismus abzuschütteln hat uns einiges gekostet, was auf eine entschiedene regionale Abwehrhaltung gegen den Raub der hart erkämpften Unabhängigkeit hinweist. Unsere gemeinsame Schlusserklärung, die wir heute zum 200-jährigen Jubiläum abgeben werden, sollte entsprechend abgefasst sein.

Über die regionale Umgebung hinaus teilen wir eine komplexe und sich oft vor Schmerzen krümmende  Welt, darin sich die Völker gegen die Ungerechtigkeiten erheben – siehe Europa und weitere Zonen der Erde. Selbst die nordamerikanische Bevölkerung rebelliert gegen die imperialistische Politik der Plünderung, die Reichtumskonzentration, die Korruption und den Machtmissbrauch. Letzteres Phänomen kommt besonders in Nordafrika, dem mittleren Orient, in fast ganz Europa und Nordamerika zum Ausdruck. Es zeigt den Kollaps der schonungslosen, neuliberalen Wirtschaftsmodelle, die wir in unseren Breitengraden schon längst erlebten und verwarfen. Es handelt sich auch um eine Welt, in der die Großmächte das internationale Recht vergewaltigen und ihre Dominanz mit Kraftanwendung und dem Überfall von souveränen Nationen hinter  Vorwänden und Manipulationen praktizieren.

In Lybien beging die Nato ein internationales Verbrechen, welches droht zum Modell hochstilisiert zu werden.

 

Zur Schande der UNO hat man während 8 Folgemonaten unverteidigte Städte bombardiert, Zivilisten massakriert, Sozialdienststellen vernichtet, ganze Infrastrukturen beschädigt und Hunderttausende zu Vertriebenen und Flüchtlingen reduziert.

Für Kuba ist die Haltung der USA nichts Neues. Sie ist immer noch dieselbe. Wir erleben seit 5 Jahrzehnten Anfeindung und Aggression. Wir erleiden wahrscheinlich die Finanz- und kommerziell  umfassendste und härteste  Wirtschaftsblockade, die je einem Land von den USA aufgezwungen wurde. Unsere gesamte Region weiß darum und hat nicht aufgehört, sich dagegen energisch auszusprechen, wofür die Kubaner Ihnen allen sehr dankbar sind.

Ich lese zum Schluss einen Absatz vor, den ich aufsetzte, dann wieder weg ließ, jetzt aber wegen dem von Chavez Gesagten, doch vorlesen möchte:

„Ich möchte den gestern versammelten Kanzlern danken für die großzügigen Aussagen über Kuba und die Empfehlung einer zukünftigen Wahl Kubas zum Präsidium der CELAC im Jahr 2013. Nachdem diese Empfehlung einstimmig angenommen wurde, wird das Gipfeltreffen der CELAC 2013 in Kuba unter dessen Vorsitz stattfinden.

Wir anerkennen sowohl die gewaltigen Bemühungen Venezuelas zur Basislegung und Organisation dieses Gipfeltreffens, als auch die Führung durch Präsident Hugo Chávez Frías bis zu dem gegenwärtigen, verheißungsvollen Resultat zu Gunsten der Region und seinen Beitrag an die Integration und Einheit Lateinamerikas und der Karibik.

In der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen Staaten und der Karibik wird Kuba mit Hingabe, Altruismus und Einsatz zu Gunsten der Einheit unserer Völker, für eine Zukunft in Frieden und Gerechtigkeit und in dem unbeschränkten Bemühen um die völlige Unabhängigkeit zu wirken, ganz im Sinne der Definition der Zukunft von José Martí: „Unser America!“

Vielen Dank!“

Dazu der kubanische Journalist Marco Antonio Martínez Cabrerizo: Die Regierungsmitglieder welche am IV. Cuba-CARICOM-Gipfel (Handelstreffen der Karibik) in Puerto España (Trinidad und Tobago) teilnahmen, drückten ihre Freude über die Gründung der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen Staaten und der Karibik (CELAC) aus. Der erzielte Erfolg des Gipfeltreffens mit der Gründung der CELAG stelle ein historisches Ereignis für alle die dadurch zusammengefassten Staaten dar, welches zeitgleich mit demJubiläum des 200. Jahrestages der venezolanischen Unabhängigkeit stattfand.

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