Infostand in einer Fußgängerzone. Foto: Piratenpartei/CC
Infostand in einer Fußgängerzone. Foto: Piratenpartei/CC

Den Piraten fehlt die innere Kultur

Basisdemokratie. Mitbestimmung. Austausch. Liquid Feedback. Transparenz. Die Piratenpartei hat seit ihrer Gründung 2006 in der Tat ein paar Dinge auf den Kopf gestellt. Querdenken ist gut, heißt es doch „wer mit dem Strom schwimmt, wird die Quelle [des Erfolgs] nie erreichen.“ Faszinierend jedoch, es gibt genügend Organisationen und Unternehmen in dieser Republik, die wirklich überzeugende Ansätze und Produkte haben, zusätzlich über ein funktionierendes Marketing, eine motiviert arbeitende Basis und ambitionierte Führungspersönlichkeiten verfügen. Und doch: der langfristige Erfolg bleibt aus – wie auch bei der Piratenpartei.

Die Abfolge bei Unternehmen ist bekannt: Bei Misserfolg werden vom Management Analysen durchgeführt, aktuelle Management-Modelle werden frisch implementiert, Strukturen umgeworfen oder gar Mitarbeiter entlassen. Im Sinne der Quartalsberichte wird dann kurzfristig die nächste Analyse durchgeführt und ggf. festgestellt, dass die Veränderungen nicht die gewünschten Erfolge bringen. Das Spiel beginnt von Neuem! Es wird alles getan, man ist offen für Veränderungen. Woran kranken dann manche dieser Unternehmen und Organisationen? An der Flexibilität und dem Willen kann es nicht liegen.

So wie man nach Watzlawick „nicht nicht kommunizieren kann“ kann man auch nicht keine Kultur haben. Jedes Tun und Sein ist Kultur. Kultur per se. Deshalb: Jede Organisation lebt eine bestimmte Kultur. Und meist ist diese Kultur nicht geplant, sondern sie ist einfach so entstanden. Mit der Folge, dass sie nichts zum Erreichen des Unternehmens- oder Parteiziels beiträgt – und schlechtestenfalls sogar genau das Gegenteil bewirkt.

Die Piratenpartei ist dafür ein wunderbares Beispiel: Bei der Gründung wurde wahrscheinlich viel darüber nachgedacht, für was die Partei stehen soll, was erreicht werden soll, was angeprangert wird, was verteufelt und gegen wen und was sich die Partei in Stellung bringt. Betrachtet man die ersten Wahlergebnisse, dann kann wohl festgestellt werden, dass die Inhalte ankamen. Ziel erreicht.

Doch nach dem Erfolg kommt die Realität. Das wahre Zusammenarbeiten. Daily Business – die Periode der inneren Zerfleischung. Die Onlinegemeinde der Piraten versuchte von der Basis aus die Kultur der Organisation zu bestimmen. „Basisdemokratisch“ wird dieser Prozess intern genannt. Chaos ist die wohl bessere Bezeichnung. Die Folgen dieser Vorgehensweise sind allen bekannt: Die Umfragewerte sind im Keller angekommen. Die Partei (welche Partei?) wird unter ferner liefen aufgeführt und die Anhänger und sämtliches noch vorhandenes fähiges Führungspersonal verlassen das sinkende Schiff.

Welche (Unternehmens-)Kultur ist notwendig, damit ein Unternehmen wie die Piratenpartei – und nicht nur diese – erfolgreich funktionieren kann? Eines ist sicher: Neben Visionen und Zielen, Werten und Leitlinien, gefragten Produkten und Inhalten ist es notwendig, dezidiert Verhaltensnormen zu definieren, diese vorzuleben und einzufordern. Und diese Unternehmens- bzw. Organisationsvorgabe kann und darf nicht durch die Basis bestimmt werden. Die Definition obliegt der Führung. Die Basis kann helfen, die Verhaltensnormen zu verbessern, zu verfeinern – doch sie bestimmt sie nicht!

Für den Fall der Piratenpartei empfiehlt sich: Erst eine Satzung vorlegen, wie die Organisation und deren Mitglieder miteinander umgehen (sollen), und sobald diese verabschiedet ist, festgezurrt und als Basis des Miteinanders akzeptiert ist, dann kann die Arbeit an der Umsetzung der Inhalte beginnen. Und erst dann! Wichtig dabei – es müssen auch Konsequenzen bestimmt werden, wenn Verhaltensnormen eben nicht eingehalten werden. Und die gelten auch für die Führungsriege – oder vielleicht gerade für diese an erster Stelle.

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